DIE ERSTGEBORENE LÖWIN

DIE ERSTGEBORENE LÖWIN
Erster Teil einer Familiengeschichte
von Maria Jauneker ©

Opa Jauneker mit der kleinen Cäzilia.

ANMERKUNG:
Diese Wiener Geschichte wird immer wieder weiter geschrieben, in diesem Blog versuch ich meine doch recht interessante und turbulente Familiengeschichte auch einmal auf zu schreiben.
Auch wenn ich das hauptsächlich nur für mich machen werd und sie wahrscheinlich kaum jemand lesen wird, freu ich mich trotzdem sehr drüber.
Es waren so viele meiner Familienmitglieder so früh verstorben, sodass ich immer das Gefühl hatte, viel zu spät geboren worden zu sein. Für mich waren einige davon bemerkenswerte Persönlichkeiten, auf ihre Art liebens- und auch hassenswert. Ich möchte ihnen in meiner Geschichte zu neuem Leben verhelfen, da die meisten von ihnen nur kurz auf der Erde verweilten.

1961 erblickte sie als erstes Kind von Sidonie und Otto das Licht der Welt. Sie wurde einen Tag vor dem 17. Geburtstag ihrer Mutter geboren. Sie war freilich kein Wunschkind, aber als sie dann da war, auch nicht unerwünscht. Ihre blutjungen Eltern waren erst seit kurzem ein Paar und hatten noch schnell geheiratet bevor es heraus kam, dass sie Nachwuchs erwarteten. Sie gaben ihr den Namen Cäzilia. Sie hatten eine kleine Wohnung in dem Zinshaus der Eltern von Otto. Otto arbeitete in der Malerfirma seines Vaters und war Malermeister, eigentlich wollte er Wirt werden, doch da er der einzige der beiden Söhne war, der nicht dem Alkohol verfallen war, musste er in die Fußstapfen seines Vaters treten. Sidonie hatte keine wirkliche Ausbildung abschließen können und half im Büro der Malerfirma mit.
Cäzilia’s Eltern hatten in der Zeit, als sie noch klein war, sehr wenig Geld, ihre Mutter schneiderte ihr Kleidungsstücke und kochte gerne und oft.
Otto war wenig zu Hause, meistens außer Haus bei Kundenbesuchen und mit den Gesellen und Lehrlingen unterwegs, schauen ob sie eh gscheit hackeln und keinen Pfusch machen.
Ottos Temperament war immer schon sehr aufbrausend gewesen, er konnte sich wegen Kleinigkeiten furchtbar aufregen und schrie regelmäßig herum. Er war, das was man einen Choleriker nennt. Die kleine Cäzilia hatte ihren großen Kopf auch beim Erwachsenwerden behalten. Es dauerte nicht lange und sie bekam eine Schwester als sie vier Jahre alt war. Ihre Schwester trug den Namen Coelestine. Die beiden wurden von ihrer Mutter liebevoll umsorgt, nach wie vor war nicht viel Geld da, jedoch fehlte es an Essen und dem wichtigsten nicht.
Ihr Vater war ein begabter und tüchtiger Geschäftsmann, der nachdem er die Firma seines Vaters übernommen hatte der jungen Familie langsam aber sicher zu immer mehr Wohlstand verhalf. Die Großeltern väterlicherseits waren kein traditionelles Paar ihrer Zeit, im Gegenteil die Jauneker Oma hatte die Hosen an, wie man damals sagte. Das war auch gut so, denn der Jauneker Opa war ein Trinker, fleißig bei der Arbeit, aber danach zumeist im Wirtshaus an der Ecke beim Wiener Kindl an zu treffen. Die Jauneker Oma war aber gut mit der Wirtin befreundet und hat immer angerufen, wenn sie den Jauneker Opa gsucht hat, wenn er dort war, hat sie nur die Gasse runter gehen müssen, und wenn er sie im Türeingang stehen gsehn hat, ist er ohne ein Wort einfach aufgestanden und mit ihr Heim gegangen.
Der Jauneker Opa war ein sehr gselliger Mann, fesch sah er aus mit seinen buschigen Augenbrauern und dem weißen wallendem Haar. Er hat auch gern die Leut unterhalten, Witze erzählt, graucht hat er auch, obwohl sein Asthma im Alter immer schlimmer worden is. Während der Nazizeit hat er einmal als junger Bursch auch den Mund im Wirtshaus zu weit aufgmacht und gschrien, „der Hitler gewinnt den Krieg nie“. Am nächsten Tag hams ihn schon abgholt und ins KZ bracht. Seine Mutter, die von den Nazis das „Mutterkreuz“ verliehen bekommen hatte, weil sie sieben Kinder geboren hatte, ist hin zu ihnen und hat ihnen das Kreuz am Tisch geknallt. Die Geschichte ist auf zwei Arten ausgegangen, die eine war, dass sie ihn dann wieder mit ihr heim gschickt ham.
Die andere war, dass er im KZ einen alten Freund mit jüdischen Wurzeln aus der Malerschule troffen hat, der Katzenbeisser war das, der hat Geld ghabt und die beiden irgendwie wieder frei kriegt.

Die Jauneker Oma hat ihre Wurzeln im Waldviertel, ihre Eltern ham a Gastwirtschaft ghabt, sie war immer tüchtig und gscheit. Ihre beiden Söhne hat sie voll im Griff ghabt. Sie hat sich auch nix gfallen lassen. Aus ihr hätt was Großes werden können, aber da hatt’s niemanden geben, der sie auf a gute Schule schicken hätt können.